Auf den Spuren der Geschichte Niedersachsens und der Demokratie
Sommerreise der Landtagspräsidentin
1. September 2021
2. Station: Braunschweig – auf den Spuren der Demokratiegeschichte
Fast zwei Stunden Fußmarsch wären nötig, um an allen Akten des Stadtarchivs Braunschweig vorbeizugehen: Acht Regalkilometer umfasst das Gedächtnis der Stadt, darunter Urkunden, Nachlässe, Behördenunterlagen, Zeitungen und vieles mehr. Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta interessieren bei ihrem Besuch ganz besonders die Anfangsjahre nach dem Zweiten Weltkrieg. „Braunschweig stand damals vor großen Herausforderungen – die Stadt lag in Trümmern nicht nur im Sinne des Wortes, sondern auch moralisch und politisch. Wie es dennoch gelang, ein neues demokratisches Gemeinwesen zu errichten, ist ein wichtiges Kapitel niedersächsischer Geschichte.“ Dr. Henning Steinführer, Direktor des Stadtarchivs Braunschweig, stellt prägende Personen wie Martha Fuchs und Otto Bennemann vor, die wichtige politische Aufgaben in der Stadt und im Land Niedersachsen übernahmen. Außerdem zeigt er Quellen aus dem Archiv zur Demokratiegeschichte Braunschweigs. Mit einem Stadtspaziergang führt Dr. Steinführer dann die Landtagspräsidentin zu den Orten der Geschichte, darunter zum Platz der Deutschen Einheit, dem ehemaligen Landtag und dem Eulenspiegelbrunnen.
Außerhalb der Sommerreise:
Provenienzforschung im Städtischen Museum Braunschweig: Die langen Schatten der Kolonialgeschichte
Wer die Geschichte von Objekten einer Sammlung kennt, sieht sie in anderem Licht. Beispielsweise einen Patronengurt im Städtischen Museum Braunschweig, der Kolonialgeschichte erzählt. Dieser soll einst Kahimemua Nguvauva gehört haben, dem Führer der Ovambanderu, einem Clan der Herero im heutigen Namibia. Nguvauva kämpfte gegen die deutsche Kolonialmacht in Deutsch-Südwestafrika, wurde von ihren Soldaten gefangen genommen und hingerichtet. Fällen wie diesen gehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Städtischen Museums in Braunschweig nach: Sie recherchieren Herkunft und Geschichte der Objekte – Provenienzforschung nennt sich dies. Steckt hinter ihnen historisches Unrecht? Sollten sie zurückgegeben werden? Wie kann ihre Herkunft den Besucherinnen und Besuchern erklärt werden? 8000 Objekte umfasst die ethnologische Sammlung, die ersten kamen 1865 in ihren Besitz. Einst schenkten sie Braunschweiger Reisende quasi als Trophäen und Exotika dem Museum. Wie mit dem Erbe in Zukunft umgegangen werden soll, stellt der Direktor des Museums Dr. Peter Joch Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta, Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth und der Dezernentin für Kultur und Wissenschaft Dr. Anja Hesse vor. Die Landtagspräsidentin unterstreicht: „Wir müssen uns unserer historischen Verantwortung stellen, Rassismus und Kolonialismus thematisieren. Dazu gehört, Sammlungen von Museen neu zu bewerten, wie es das Städtische Museum mit seiner Provenienzforschung leistet.“