Ein Plenarbereich für alle
Barrierefreiheit im Niedersächsischen Landtag
Von 2014 bis 2017 wurde der Plenarbereich des Niedersächsischen Landtages grundlegend im Bestand modernisiert. Das traditionsreiche Gebäude wurde behutsam in Einklang mit einer zeitgemäßen Funktionsweise gebracht. Der Anspruch, ein offenes Haus für alle Bürgerinnen und Bürger zu sein, zeigt sich im Besonderen auch darin, dass die Frage, wie auch chronisch Erkrankte, körperlich Eingeschränkte, Sehbehinderte, Hörgeschädigte und taube Menschen gleichberechtigt am parlamentarischen Geschehen teilhaben können, eine übergeordnete Rolle gespielt hat. Von Beginn an war es wichtig, ein Parlamentsgebäude für wirklich alle zu schaffen. Schon während der Entwicklung des Gesamtkonzeptes zur Barrierefreiheit brauchte es daher kompetente Hinweise aus erster Hand zur Optimierung entscheidender Details.
Vor diesem Hintergrund hat der Niedersächsische Landtag bereits die erste Planungsphase durch einen Inklusionsbeirat begleiten lassen. Der Inklusionsbeirat, der sich insbesondere aus selbst betroffenen Menschen zusammensetzt, beriet das Präsidium, die Baukommission und die planenden Architektinnen und Architekten zu diesem Thema. Von den Arbeitsergebnissen, wertvollen Erfahrungsberichten und Ideen profitieren Besucherinnen und Besucher, Abgeordnete, Mitglieder der Landesregierung und Medien gleichermaßen. Die Anregungen des Inklusionsbeirates sind in alle Planungen mit einbezogen worden. Im Nachfolgenden sehen Sie eine Zusammenstellung dieser Ergebnisse, die heute im modernen Parlamentsgebäude selbstverständlich geworden sind.
Zugang zum Gebäude
Im Bereich des Portikus wurde ein Aufzug mit ebenerdigem Zugang in die Fassade integriert. Er landet gleichberechtigt mit dem Treppenaufgang auf der Eingangsebene an. Die Türen lassen sich auf Knopfdruck automatisch öffnen. Der geräumige Aufzug gewährleistet allen einen barrierefreien Zugang zum Plenargebäude. Zudem sind rund um die Uhr in der Portikushalle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Wegweisungen, Auskünfte und Fragen für die Besucherinnen und Besucher ansprechbar.
Taktile Leitsysteme mit Aufmerksamkeitsfeldern
Brailleschrift sowie schnell verständliche Leitsymbole zur Orientierung kommen an Informationstafeln, Handläufen und vielen weiteren Punkten im gesamten Gebäude zum Einsatz. Die taktilen Leitsysteme mit Aufmerksamkeitsfeldern an besonderen Stellen – wie Zugänge zu Treppen, vor Aufzügen oder Türen – helfen blinden und sehbehinderten Menschen bei der Orientierung und ermöglichen es ihnen, weitestgehend selbstständig im Plenarbereich mobil zu sein.
Hörunterstützung
Im Plenarsaal und in den Besprechungs- und Sitzungsräumen kommen modernste technische Hilfen für Gehörlose und Schwerhörige zum Einsatz. Die Besprechungs- und Sitzungsräume sind mit Induktionstechnik ausgestattet, welche eine Teilhabe gehörloser und schwerhöriger Personen ermöglicht. Bei Bedarf kann ebenfalls eine Signalübertragungsanlage, die Signale mit frequenzmodulierten Funksignalen (FM) überträgt, zum Einsatz kommen, wenn beispielsweise eine entsprechende Abschirmung zu anderen Veranstaltungen gewünscht ist.
Sanitäre Anlagen
Die auf allen Ebenen installierten Sanitärräume mit Notrufanlage und ein Pflegebad runden die Barrierefreiheit ab und bieten Menschen im Rollstuhl unterfahrbare Waschtische sowie komfortabel positionierte Papier- und Seifenspender. Die besondere pflegebezogene Ausstattung der „Toilette für alle“ ermöglicht es Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Barrierefreiheit im Plenarsaal und auf den Tribünen
Abgeordnete können das Rednerpult in der Höhe verstellen, die Präsidiumsebene ist über eine mobile Rampe barrierefrei zugänglich. Sowohl die Presse- als auch die Besuchertribünen verfügen über barrierefreie Sitzbereiche, die flexibel erweitert werden können und auch Begleitpersonen ausreichend Platz bieten. Besuchen Rollstuhlnutzerinnen oder Rollstuhlnutzer in größeren Gruppen den Plenarsaal, wird der unmittelbare Zutritt zum Abgeordnetenbereich des Plenums ermöglicht. Die Versorgung mit Tonsignalen sowie Darstellungen mit Gebärden- und Schriftdolmetscherei ist sichergestellt.
Und bei Alarm?
Besucherinnen und Besucher werden üblicherweise von Mitarbeitenden des Besucher- oder des Pförtnerdienstes begleitet, die sie im Gefahrenfall unterstützen. Die WC-Anlagen im öffentlichen Bereich sind mit Alarmierungseinrichtungen im Zwei-Sinne-Prinzip ausgestattet. Das bedeutet, dass neben akustischen Warnungen auch Blitzleuchten eingesetzt werden. Die anderen WC-Bereiche werden sukzessive nachgerüstet.